Mode der letzten 100 Jahre – Flapper, Minirock, Athleisure

Die Mode, sowie jede Art des kreativen Ausdrucks, spiegelt auch immer die Zeit wider, in der sie entsteht. Über die letzten 100 Jahre kann man bestimmte Entwicklungen nachverfolgen, Jahrzehnt für Jahrzehnt. Da wir nun in den neuen 20er-Jahren stecken, also ein ganzes Jahrhundert nach einem ausgelassenen und teils frivolen Modejahrzehnt, lohnt es sich, einen Blick zurück zu werfen. Denn wo die 1920er viel Aufklärung und Emanzipation boten, da warfen die 1930er und nicht zuletzt der zweite Weltkrieg diese Entwicklungen weit zurück. Eine offenere Mode für Frauen wurde über die Jahrzehnte erkämpft.

1920er Mode: Flapper-Stil und emanzipierte Partys

Flapper-Ensembles sind sofort als das Aussehen der 1920er Jahre erkennbar, und es ist leicht einzusehen, warum: Mit ihren entspannten Falltaillen, kunstvollen Perlenmustern und gefiederten Accessoires sind die Trends dieser Zeit von anhaltender Attraktivität. Der einflussreichste Stil mag jedoch ein subtilerer gewesen sein. Laut The Dictionary of Fashion History war es in diesem Jahrzehnt, als Coco Chanel das „kleine Schwarze“ einführte: „Es bot Schlichtheit und Eleganz, und statt eine Farbe zu sein, die mit Dienern oder Witwen assoziiert wurde, wurde Schwarz schick“.

1930er Mode: Schräg geschnittene Kleider

Hipster Mode Damen

Während die Öffentlichkeit von der Weltwirtschaftskrise gebeutelt wurde, wurde die Leinwand zu einem willkommenen Mittel des Eskapismus. Dort brillierten Filmikonen wie Bette Davis, Jean Harlow und Joan Crawford in glamourösen Gewändern und maßgeschneiderten Rockanzügen. Die Silhouette war lang und schlank, was zum Teil der Popularisierung von Madeleine Vionnets Schrägschnitt zu verdanken war, einer Technik, bei der der Stoff über den Körper drapiert wird.

1940er Mode: Die Bikini-Revolution

Eine der weniger vorhersehbaren Folgen der Kriegszeit war die zunehmende Beliebtheit des zweiteiligen Badeanzugs – ein Ergebnis der Stoffrationierung, die ab 1943 durchgesetzt wurde. Drei Jahre später führte der französische Designer Louis Réard den Bikini ein, den wir heute kennen, benannte ihn nach dem Ort der amerikanischen Atomtests und wagte es, ihn unter den Bauchnabel zu schneiden. Das war damals ein Stil, der erst Jahrzehnte später ohne ein gewisses Maß an öffentlichem Aufschrei in vollem Umfang akzeptiert werden würde.

1950er Mode: Der „New Look“

1947 debütierte Christian Dior mit der „New Look“-Silhouette, die das kommende Jahrzehnt prägen sollte: Mit ihrer Wespentaille, der strukturierten Büste und dem voluminösen, mit Taft überzogenen Rock war sie das Gegenstück zur Zurückhaltung im Krieg. Selbst die leichteren Kleidungsstücke, die schließlich unter den Frauen der Mittelschicht üblich wurden, behielten viel von dieser ausgeprägten Weiblichkeit: Kleider mit Cinch-Taille, volle Röcke bis zur Mitte der Waden und Pullover-Sets.

1960er Mode: Der Minirock, ein Minischock

In den 60er Jahren schlichen sich die Säume immer weiter nach Norden, und der Urprung für die Verschiebung war die Londoner Boutique Bazaar der Designerin Mary Quant. „Wenn ich sie nicht kurz genug machte, holten die Chelsea-Mädchen, die wunderbare Beine hatten, die Scheren heraus und kürzten die Röcke selbst“, sagte sie später der New York Times. Damals waren sie umstritten, aber offensichtlich wurden die Neinsager letztlich überwältigt.

1970er Mode: Plateauabsätze statt spitzen Schuhen

Jeans wurden dank „Schlaghosen“ breiter, Absätze wurden höher und synthetische Stoffe überfluteten in den 70er Jahren die Modegeschäfte. In New York kamen Disco-Trends wie Lurex-Halfter-Tops und Palazzo-Hosen in den Mainstream, während auf der anderen Seite des Atlantiks die Punk-Szene florierte, angeführt von Vivienne Westwood und Malcolm McLaren in zerfetzten T-Shirts und mit Sicherheitsnadeln versehenem Tartan. Wieder eine Zeit des Aufbruchs und eine Zeit, in der Mode neu gedacht wurde.

1980er Mode: Leggins und Neonfarben

Wenn es ein Bekleidungsstück gibt, das in den 80er Jahren so allgegenwärtig war wie heute, dann sind es Leggings. Neben dem Aerobic-Wahnsinn des Jahrzehnts wurde Spandex zu einem echten Modetrend, obwohl sie damals noch mit Beinwärmern, schulterfreien Sweatshirts und/oder Scrunchies getragen wurden. Für berufstätige Frauen wurde der breitschultrige Power-Anzug zu einer festen Größe im Büro. Das war auch ein politisches Statement, denn Frauen forderten endlich den Platz, der ihnen zustand. In der Popkultur wurden grelle Farben, auffällige Kunststoff-Accessoires und wilde, von Haarspray gehaltene Fönfrisuren zum Trend.

1990er Mode: Minimalismus, aber auch Baggy-Klamotten

Die jugendorientierte Kultur des „Smells Like Teen Spirit“-Jahrzehnts war ein fruchtbarer Boden für Grunge, wie es sich nach Marc Jacobs’ bahnbrechender S/S 93-Kollektion für Perry Ellis durchsetzte. Neben einfacher Kleidung ohne wilde Kombinationen oder Farben kam aber noch ein weiterer Trend auf: Baggy-Klamotten für Hip-Hopper und Skater sowie enge, viel Haut zeigende Teile für die weibliche Begleitung. Das Wort „bauchfrei“ wurde in die Alltagssprache aufgenommen.

2000er Mode: Tracksuit, Jeans-Outfits und Frivoles

Der Tracksuit, eine Mischung aus 20 % formellem Kostüm und 80 % Jogginganzug, wurde durch Jennifer Lopez, Paris Hilton, Britney Spears und Co. der MTV-Generation vorgeführt. Gerne auch bauchfrei getragen, so verschob der Anzug das Machbare in der Mode der Schönen und Reichen. Kombiniert mit Jeans-Stoffen sorgte der Tracksuit für etliche Modesünden zum Anfang des aktuellen Jahrtausends. Zudem wurde die Popkultur immer frivoler, um Aufmerksamkeit zu erregen. Durch das Internet immer mehr abgestumpft, mussten MTV-Zuschauer mit so etwas wie Christina Aguileras „Dirty“ bei Laune gehalten werden.

2010er Mode: Athleisure und neue Individualität

Die Skinny Jeans wurden zum Mainstream, eine Hipster-Mode formte sich in den USA und in Europa. Zudem kam neben einem neuen Edel-Trend auch das „Athleisure“ auf, eine Mischung aus athletischem Look und Freizeitmode. Daraus entwickelte sich Ende der 2010er Jahre eine neue Individualität, bei der es ums Wohlfühlen geht – auch gern mit Second-Hand-Mode und zu großen Jacken oder Pullovern. Eine bedeutende Trendikone, die absichtlich auf den optischen „Sex Sells“-Charakter verzichtet, ist dabei Billie Eilish. Ein gutes Vorbild, was individuellen Kleidungsstil angeht.